charismatisch, attraktiv und skrupellos
Nachdem er seinen Job an indische Kollegen und seine Freundin vermeintlich an einen Südländer verloren hat, lernt Nico die charismatische Ellen kennen, die ihn mit ihren rechten Parolen in den Bann zieht. Fasziniert von dieser Frau merkt er nicht, welche Pläne sie und die von ihr gegründete Partei hegt. Dass mehrere ihrer Mitstreiter auf mysteriöse Weise verschwunden oder gestorben sind, hält er für ein Gerücht, und glaubt auch den Warnungen seiner Ex-Freundin und einer Parteikollegin nicht. Die Lage eskaliert bei einer Demonstration. Als Nico erkennt, in was er hineingeraten ist, ist es schon zu spät.
Gehetzt blickte er sich um. Ob sie ihn erkannt hatten, konnte er nicht mit Bestimmtheit sagen, aber er war sich sicher, dass die beiden nicht aufgeben würden, ihn zu suchen, um was mit ihm zu machen? Er konnte es nur ahnen. Das Gespräch seiner beiden Jäger hatte er nur bruchstückhaft mitbekommen, aber es klang nicht gut, gar nicht gut!
Lies mehrWie hatte er diesem ganzen verlogenen Verein nur so lange vertrauen können? Politikwechsel, Glaubwürdigkeit, Veränderung, Aufdeckung der Missstände in Deutschland waren ihre Schlagwörter: Deutschland den Deutschen! All das klang solange gut, bis er hinter die Fassade geschaut hatte. Ellen, dieses verlogene Miststück, von der er sich lange hatte um den Finger wickeln lassen, war der Ausbund der Skrupellosigkeit. Das hatte er lange Zeit nicht wahrgenommen, vielleicht eher nicht wahrhaben wollen. Und Paul, dieser Lebemann, war keinen Deut besser. Eher im Gegenteil, ein Wolf im Schafspelz. Und dann noch Gregor, der Muskelprotz, dem man lieber nicht im Dunkeln begegnete.
Vorsichtig spähte Albert durch das Unterholz. Konnte er es wagen, aus seinem Versteck zu kriechen und sich in Richtung der U-Bahn-Station Borgweg durchzuschlagen? Vielleicht hatten die Verfolger seine Spur verloren?!
Ganz langsam richtete er sich auf. Die Luft war rein. Er atmete geräuschvoll aus und machte sich auf den Weg zur U-Bahn. Immer wieder blickte er sich um. So spät in der Nacht war es hier menschenleer und unheimlich dunkel. Plötzlich raschelte es vor ihm, sodass er zusammenschrak. Etwas Kleines rannte in einiger Entfernung vor ihm weg, ein Hase oder Kaninchen. Den Unterschied hätte er auch im Hellen nicht ausmachen können. Hatten Hasen die längeren Ohren? Komisch, welch eine unwichtige Frage mir in einem solchen Moment durch den Kopf geht, dachte er.
Fuhr um diese Zeit überhaupt noch eine Bahn, fragte er sich, als er die Station erreichte. Er warf einen Blick auf den Fahrplan. Mist, die letzte Bahn war vor etwa 30 Minuten abgefahren, und die nächste würde erst gegen halb fünf Uhr morgens kommen. Was sollte er bis dahin nur machen, sich wieder verstecken? Hier zumindest saß er wie auf dem Präsentierteller, denn der Bahnsteig war gut einsehbar.
Eiligen Schrittes verließ er die Station und versteckte sich erneut. Die Stunden vergingen quälend langsam. Ständig blickte er auf die Uhr. Zumindest war alles ruhig. Hatten die beiden aufgehört, ihn zu suchen? Er verbot sich selbst, sich zu sicher zu fühlen, zu hoch schätzte er die Gefahr ein.
Endlich gegen vier Uhr erhob er sich, blickte sich nach allen Seiten um und machte sich erneut auf den Weg zur U-Bahn. Ungeduldig wartete er am Bahnsteig, dass der Zug endlich kommen würde. Die Ankunft der Bahn wurde für in zwei Minuten angezeigt, als zwei weitere Personen den Bahnsteig betraten. Albert stockte der Atem. Das waren die beiden. Wie hatten sie ihn doch noch finden können?
„Na, wen haben wir denn da?«, hörte er das Muskelpaket sagen.
Wortlos drehte Albert sich um und ergriff erneut die Flucht. Der Weg zum Ausgang war leider durch die beiden Männer versperrt, denn die Station hatte nur einen. Also rannte er verzweifelt in die andere Richtung bis zum Ende des Bahnsteigs. Die beiden Angreifer verfolgten ihn. Dort sprang er vom Bahnsteig und geriet ins Stolpern. Entsetzt kippte er zur Seite und fiel auf die Gleise. Sein Bein verdrehte sich, sodass er vor Schmerzen aufschrie. Mühsam hob er den Kopf und versuchte, von den Gleisen wegzukommen. Aber im nächsten Moment sah er die Lichter der U-Bahn auf ihn zurasen, die nur kurz an der Station gehalten hatte.
Seine beiden Verfolger duckten sich in der Hoffnung, nicht vom Fahrer der U-Bahn entdeckt zu werden. Der aber war voll auf das Bündel konzentriert, dass er im nächsten Moment überrollen würde, ohne eine Chance zu haben, das Unglück noch abzuwenden. Wieder einer dieser unglücklichen Menschen, die einen Zug für ihren Suizid gewählt hatten und ein weiterer S-Bahn-Fahrer, der nach diesem Erlebnis nie wieder eine Bahn würde führen können.
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